Nachrichten Unser Brief 16 September 2022
Phonegate zusammenarbeit – Prüfungen der spezifischen Absorptionsrate
An: Federal Ministry of Social Affairs, Technology and Innovation in Austria
An: Bundesamt für Strahlenschutz, Bundesnetzagentur – per Email
Von: Bündnis Verantwortungsvoller Mobilfunk Deutschland - bvmde
Datum: 16.09.2022
Betreff: Prüfungen der spezifischen Absorptionsrate
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir schreiben Ihnen im Zusammenhang mit Ihrer Verantwortung als nationale Telekom-Regulierungsbehörde für die auf dem Markt befindlichen Sendegeräte wie Mobiltelefone, Tablets und andere vernetzte Geräte. In dieser Eigenschaft und im Rahmen der europäischen Vorschriften sind Sie für die Sicherheit und Gesundheit der Menschen verantwortlich, die diese in unserem Land auf den Markt gebrachten Geräte benutzen.
Wir möchten daher wissen, ob Ihre Institution Tests zur spezifischen Absorptionsrate (SAR) der elektromagnetischen Strahlung von Mobiltelefonen, Tablets und damit verbundenen Produkten am Körper (Kopf, Rumpf und Gliedmaßen) durchgeführt hat und wenn ja, unter welchen Bedingungen (vom Hersteller gelieferte oder im Laden gekaufte Produkte).
Falls Tests durchgeführt wurden, möchten wir Sie bitten, dass alle Testberichte an uns geschickt und veröffentlicht werden.
In Frankreich wurden bereits im Juli 2016 von Dr. Marc Arazi, dem Gründer der NGO Phonegate Alert, rechtliche Schritte eingeleitet, die dazu führten, dass die Agence nationale des fréquences (ANFR) Hunderte von SAR-Testberichte veröffentlichte, die seit 2012 durchgeführt wurden, ohne dass sie jemals veröffentlicht wurden. Seit Juni 2018 können sie daher auf einer offiziellen DATA-Seite aufgelistet werden. Bis heute sind mehr als 750 SAR-Testberichte von Mobiltelefonen über diese Website direkt für die Öffentlichkeit zugänglich.
Nach diesen Tests wurden vierunddreißig Handymodelle vom ANFR als nicht konform eingestuft. Es wurden daher Maßnahmen ergriffen, um sie entweder vom Markt zu nehmen oder den Hersteller zu verpflichten, den SAR-Wert seines Produkts durch ein Software-Update zu aktualisieren.
Wir möchten daher wissen, ob diese Modelle, die in Frankreich als nicht konform gelten, von Ihrer Behörde besonders beachtet wurden? Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um die Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten?
Nach dem Bekanntwerden dieser erheblichen SAR-Grenzwertüberschreitungen haben die französischen Behörden die Gesundheitsbehörde ANSES um eine Stellungnahme zu den möglichen damit verbundenen Gesundheitsrisiken gebeten. In einem im Oktober 2019 veröffentlichten Bericht empfahl die ANSES den Behörden:
- Mobiltelefone, die vor Juni 2017 auf den Markt gebracht und vom ANFR getestet wurden und deren SAR-Wert die vorgeschriebenen Werte überschreitet, aus dem Verkehr zu ziehen oder zu aktualisieren. Dies entspricht mehr als 250 Handy-Modellen.
- alle SAR-Werte in direktem Kontakt mit der Haut, d. h. bei 0 mm, zu testen, insbesondere den SAR-Wert für den Rumpf, der immer noch bei 5 mm gemessen wird.
Wir würden gerne wissen, ob Sie über die Empfehlungen der ANSES informiert sind. Und da wir Sie nun auf diese Empfehlung aufmerksam gemacht haben, was gedenken Sie zu tun, da ein großer Teil dieser Modelle in Frankreich auf den Markt gebracht wurde und möglicherweise auch in unserem Land auf den Markt kommt?
Beabsichtigen Sie, selbst oder in Zusammenarbeit mit anderen Behörden SAR-Messungen für Mobiltelefone durchzuführen, die auf dem nationalen Markt im Einklang mit den Empfehlungen der ANSES verwendet werden?
Frankreich hat im Einklang mit den Empfehlungen der ANSES beschlossen, bei der Europäischen Kommission einen formellen Einspruch einzulegen, um eine Messung des SAR-Wertes bei 0 mm zu verlangen. Wir möchten daher gerne wissen, ob Ihre Behörde diesen Antrag befürwortet und den französischen Vorschlag in den entsprechenden EU-Gremien unterstützen würde?
Dieser Brief wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Marc Arazi, Phonegate Alert und Europeans for Safe Connections verfasst und an die nationalen Telekommunikationsregulierungsbehörden in Europa gesandt.
Wir freuen uns darauf, von Ihnen zu hören.
Bitte erlauben Sie uns, Sie erneut zu kontaktieren, wenn wir innerhalb eines Monats keine Antwort erhalten haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Orga-Team des bvmde
Die Antwort
Gerne beantworten wir Ihre Anfrage vom 15.11.2022 über die Prüfungen der SAR spezifischen Absorptionsrate bei Mobiltelefonen wie folgt:
Das Fernmeldebüro als Fernmeldebehörde der Republik Österreich vollzieht u.a. das Telekommunikationsgesetz 2021 (TKG 2021) BGBl. I Nr. 190/2021 i.d.g.F sowie das Bundesgesetz über die Marktüberwachung von Funkanlagen (FMaG 2016) BGBl. I Nr. 57/2017 i.d.g.F. Dabei regelt das TKG 2021 den gesetzeskonformen Betrieb von Funkanlagen, während das FMaG 2016 das Bereitstellen von Funkanlagen am österreichischen Markt regelt. Das FMaG 2016 setzt dabei die EU-Richtlinie 2014/53/EU über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/5/EG um. Ziel dieser Richtlinie ist u.a., dass Funkanlagen die grundlegenden Anforderungen im Sinne des Artikel 3 der Richtline einhalten und über entsprechende Kennzeichnungen sowie weiterführenden Informationen für Endbenutzerinnen und Endbenutzer bereitstellen. Diese werden im Rahmen der Marktüberwachung in Österreich auch von uns geprüft. Im Sinne eines einheitlichen Europäischen Binnenmarktes ist es naturgemäß auch notwendig, dass alle EU-Mitgliedsstaaten bilateral zusammenarbeiten. Bei unseren Überprüfungen werden die Angaben der Konformitätserklärung, die einer Funkanlage beigelegt sein muss, geprüft und im Anlassfall auch ebenso die Einhaltung der technischen Parameter nachgemessen und gegebenenfalls ein Verbesserungsverfahren eingeleitet. Bei den Messungen, die das Fernmeldebüro durchführt, handelt es sich um stichprobenartige indikative Messungen, deren Grundlagen in den entsprechenden Normen laut Konformitätserklärung zu finden sind. Zusätzlich zu den Nationalen Maßnahmen werden Produkte, die in der Europäischen Produktdatenbank „internet-supported information and communication system for the pan-European market surveillance of technical products“ (ICSMS-Datenbank) ein Verkaufsverbot aufweisen, auch in Österreich mit einem Verkaufsverbot versehen. Einträge die nur in lokalen nationalen Produkt Datenbanken von ausländischen Verwaltungen geführt werden, können nicht berücksichtigt werden. Um aber dennoch die bilaterale Zusammenarbeit mit anderen Europäischen nationalen Marktüberwachungsbehörden zu stärken, wurde von der Europäischen Kommission die ADCO (Group of Administrative Co-operation) ins Leben gerufen, die sich 3 mal jährlich zusammen findet, um einheitliche Vorgehensweisen der Marktüberwachungsverwaltungen sicher zu stellen. Bei diesen Besprechungen werden aktuelle Fälle und Entwicklungen am Markt besprochen und koordiniert. Sollten darüber hinaus rasche Aktionen am Markt notwendig sein, so bedienen sich die Marktüberwachungsbehörden neben der oben genannten ICSMS-Datenbank auch besonderen Schutzklauselverfahren sowie der RAPEX-Datenbank (Rapid Exchange of Information System) der Europäischen Kommission.
Zu Ihrer Frage, ob das Fernmeldebüro den formellen Einspruch Frankreichs bei der Europäischen Kommission zur Messung des SAR-Wertes bei 0mm zu verlangen unterstützt, erlauben wir wie folgt zu antworten:
Österreich verfolgt schon seit geraumer Zeit die Diskussionen auf Europäischer Ebene. In den entsprechenden Sitzungen der Europäischen Kommission, vor allem in der Expert Group für Radio Equipment, sind sämtliche Stakeholder vertreten. Zum derzeitigen Stand der Verhandlungen können wir aber keine Aussagen treffen, da wie erwähnt die Diskussionen noch nicht abgeschlossen sind. Wir ersuchen daher um direkte Kontaktaufnahme mit der Europäischen Kommission (European Commission DG Internal Market, Industry, Entrepreneurship and SMEs, WEB: https://single-market-economy.ec.europa.eu/index_en). Wir möchten aber in diesem Zusammenhang klar stellen, dass wir als Behörde in allen Angelegenheit objektiv agieren müssen und dabei sämtliche Aspekte (Bürgerrechte, Sicherheit, Gesundheit, Wirtschaft, effektive Nutzung des Frequenzspektrums, u.v.m) berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Fernmeldebüro
Fernmeldebehörde Republik Österreich
Ing. Dipl. –Ing.(FH) Robert Loikasek M.Sc.
Leitung Abteilung Technik
Tel.: +43 1 71100 65 4454
Radetzkystraße 2, 1030 Wien
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